Sep 4, 2024

Digitalisierungsschub in der Prozessindustrie

Die Prozessindustrie umfasst Branchen wie die Pharma- und Chemieindustrie, in denen Rohmaterialien durch chemische, physikalische oder biologische Prozesse in Produkte umgewandelt werden. Mit der Richtlinienreihe VDI/VDE/NAMUR 2658 sind Handlungsempfehlungen für Automatisierungskonzepte von modularen Systemen, Schnittstellen und Informationsmodellen definiert, die eine neue Ära der Digitalisierung in der Prozessindustrie einläuten. In dieser Hinsicht und bezogen auf Automatisierung und Anlagengestaltung haben Fertigungs- und Prozessindustrie zwar unterschiedliche Anforderungen, aber ähnliche Bedürfnisse und Lösungsansätze.

Die Richtlinienreihe VDI/VDE/NAMUR 2658 etabliert ein Framework für modulare Systeme und Informationsmodelle, das die Produktionsflexibilität erhöht und die Effizienz in der Produktion steigert. Sie ist von entscheidender Bedeutung für Unternehmen in der Prozessindustrie, die den ROI (Return on Invest) verbessern und die Effizienz ihrer Anlagen durch modulare und flexible Produktionsansätze steigern wollen. Durch die Standardisierung von Schnittstellen und Datenmodellen ermöglichen die VDI/VDE/NAMUR 2658-Richtlinien eine bessere Interoperabilität zwischen den Komponenten verschiedener Hersteller und sie vereinfachen die Erweiterung oder Neukonfiguration von Prozessanlagen.

Parallel dazu wurde die NAMUR Open Architecture (NOA) entwickelt. Sie hat zum Ziel, Produktionsdaten für das Monitoring und die Optimierung von Anlagen und Geräten einfach und sicher nutzbar zu machen.

Komponenten der Richtlinien 

Die Richtlinienreihe besteht aus mehreren Konzepten, die technische Lösungen beschreiben. Sie werden zusammen eingesetzt, um die Produktionsprozesse durch modulare Automatisierung zu verbessern. 

Die Richtlinien unterstützen die Entwicklung und Implementierung von modularen Prozesseinheiten, die als Process Equipment Assembly (PEA) bezeichnet werden. Konkret bezieht sich die PEA auf die Automatisierungstechnik von einzelnen modularen Einheiten, die spezifische Prozessaufgaben innerhalb einer Anlage ausführen sollen. Diese Modularisierung soll die Planung, Inbetriebnahme und den Betrieb von Prozessanlagen vereinfachen und flexibler gestalten. Die PEA werden in einen Process Orchestration Layer (POL) integriert. Das ist eine übergeordnete Steuerungsebene, die die Koordination und das Management der verschiedenen PEAs übernimmt. Außerdem wird das Module Type Package (MTP) definiert, ein standardisiertes Dateiformat, das aus AutomationML abgeleitet ist und für die Integration zwischen der PEA und dem POL verwendet wird. Es ermöglicht die einfache Integration von Modulen in das Gesamtsystem. 

Dieses Bündel von Empfehlungen verändert das Zusammenspiel von Prozesstechnik und Automatisierungstechnik grundlegend und stellt einen Paradigmenwechsel in der Prozessindustrie dar.

Vergleichbarkeit der Lösungsansätze bei Fertigungsindustrie und Prozessindustrie

Auch die Software-definierte Produktion in der Fertigungsindustrie muss eine Prozessorchestrierungsschicht (POL) implementieren und die in der NAMUR Open Architecture (NOA) geforderten Aspekte adressieren. Das Module Type Package (MTP) der Prozessindustrie könnte, dem Software-defined-Paradigma folgend, auch über digitale Zwillinge und die damit verbundenen Microservices realisiert werden. 

Ascon Systems bietet mit seiner Software Ascon Qube eine Lösung, um diesen Brückenschlag zu realisieren. Technologisch gesehen besteht der Lösungsansatz von Ascon Systems darin, die Hardware- und die Prozesssteuerung in der Produktion zu trennen, sei es in der Fertigungs- oder in der Prozessindustrie. Dadurch werden die starren und unflexiblen Verbindungen zwischen Hardware und Software, wie sie in traditionellen Automatisierungslösungen realisiert werden, aufgelöst und durch ein Netzwerk von Modulen und Services ersetzt.

OT-IT-Konvergenz und Auflösung der Automatisierungspyramide bei Ascon Qube

Dabei werden die zugrundeliegenden Hardwarefunktionen abstrahiert und die eigentlichen Fähigkeiten rein durch Software bestimmt. Diese Entkopplung von Hardware und Fähigkeiten bzw. Verhalten ist z.B. auch die technische Grundlage für die Apps auf Ihrem Smartphone. Die im Smartphone integrierten Hardwaresensoren werden von Apps als Wasserwaage, Visitenkartenscanner, Lautstärkemesser etc. genutzt. Eine Hardware führt nicht mehr ein Programm aus (1:1), sondern eine Hardware wird dynamisch für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt (1:n). Um eine Software-definierte Produktion zu realisieren, ist es daher notwendig, die physischen Module der Produktionssysteme (Hardware) und die darauf laufende Software zu entkoppeln. Und genau dafür wurde der Ascon Qube geschaffen.

In den heutigen Produktionsanlagen sind jedoch Hardware und Software, einschließlich der Prozesssteuerung und der Berücksichtigung unternehmensspezifischer Kommunikationsstandards, oft sehr eng miteinander verknüpft und auf SPS programmiert. Das verhindert aber, die Möglichkeiten der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Eine Trennung von Hardware- und Prozesssteuerung und die Anlehnung an das Software-defined-Paradigma ermöglicht es indes, eine Software-Service-Architektur zu realisieren, die die traditionelle Automatisierungspyramide mit ihren starren Punkt-zu-Punkt-Verknüpfungen ablöst und in der das Verhalten und Zusammenspiel von Modulen flexibel und effizient auf einer höheren Softwareebene orchestriert wird. 

Ascon Systems zeigt damit einen Migrationspfad auf: von traditionell zu modern (Stichwort: OT goes IT). Bei der Einführung neuer Technologien ist ein schrittweises Vorgehen sinnvoll. 

Für die Prozessindustrie kann das z.B. heißen, das bereits bestehenden MTP-Realisierungen über Ascon Connectivity gelesen und Hersteller-unabhängig Analyse- oder KI- oder weitere Tools zur Verfügung gestellt werden. Perspektivisch lässt sich dann diese starre, dateibasierte Datenkommunikation in eine Service-Umgebung (XaaS) überführen wodurch Prozesse online optimiert gesteuert werden können. Die Ascon-Technologie ist adaptiv integrierbar. 

So können Erfahrungen gesammelt, dann Funktionalitäten erweitert und neue Features eingebunden werden. Es muss nicht immer gleich Remote-Steuerung von variantenreichen und/oder komplexen Prozessen sein. Lohnend sind zum Beispiel Qualitäts- und Dokumentationsszenarien: Prozessmonitoring und -dokumentation von Chargen, mit der Option auf Schwankungen agil zu reagieren. Lösungen zu realisieren, die eine schnellere Inbetriebnahme durch vorgefertigte Funktionsblöcke ermöglichen, ist ebenfalls vielversprechend. Diese kann man anlagenunabhängig einfach benutzen und von remote aufspielen (keine Programmierung vor Ort), so dass damit auch Fehler bei der Inbetriebnahme und im Betrieb selbst reduziert werden. Derartige Realisierungen ermöglichen die heute immer mehr geforderte Informationsdurchgängigkeit in Unternehmen. Die Informationen sind vorhanden und können einfach genutzt werden.

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